Die Zunahme von Extremwetterereignissen wie Hitze und Starkregen in Deutschland stellt Rettungsdienste, Krankenhäuser, Leitstellen, Feuerwehren und den Katastrophenschutz vor neue Herausforderungen. Zwar liegen in den Leitstellen bereits große Datenmengen entlang der Rettungskette vor, eine systematische Auswertung dieser Daten erfolgt jedoch nur unzureichend. Zudem gibt es bisher keine Instrumente, um die Rettungskette auch unter dem Einfluss von Extremwetterereignissen zu simulieren oder zu planen. Genau hier setzt ein Forschungsprojekt zur Auswertung von Daten entlang der Rettungskette mit Hilfe künstlicher Intelligenz an (ins Englische übersetzt „Artificial Intelligence in Rescue Chains“, daher die Kurzbezeichnung „AIRCIS“): Zunächst werden bereits erhobene Daten pseudonymisiert ausgewertet. Mit Hilfe eines KI-Algorithmus (engl. Artificial Intelligence) und weiterer historischer Daten (z.B. Wetterdaten) werden die aufbereiteten empirischen Daten für präzise Prognosen modelliert, um zukünftig genauere Vorhersagen über das Einsatzaufkommen treffen zu können (digitaler Zwilling).
Ein solcher digitaler Zwilling kann für verschiedene Aufgaben im Zusammenhang mit der gesamten Rettungskette verwendet werden. Durch die Veränderung von Parametern im digitalen Zwilling oder das Hinzufügen weiterer Umweltdaten können die Auswirkungen auf die gesamte Rettungskette wesentlich genauer simuliert werden. Beispielsweise kann ein solcher digitaler Zwilling um Wetterdaten wie Hitzewellen, extreme Unwetter, Kälteperioden etc. ergänzt werden. Auch die daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen für den Menschen können in das KI-Modell einfließen. Die Auswirkungen auf die Rettungskette können von Leitstellen und Rettungsdiensten gezielt für die Disposition, Einsatzmittel- und Dienstplanung genutzt werden. Mit Unterstützung solcher KI-Tools können Leitstellen und Rettungsdienste zukünftig bereits vor Eintritt des eigentlichen Szenarios wesentlich zielgerichteter Maßnahmen ableiten und umsetzen.
Am Ende dieses Forschungsprojektes soll die Leitstelle Lausitz über eine Entscheidungshilfe für die Einsatz- und Personalplanung in ihrem System verfügen. Dazu wird eine spezielle Software für den Einsatz in der Leitstelle entwickelt, die Prognosen für die Planung des zukünftigen Einsatzaufkommens und des Personalbedarfs erstellen kann.
Das Forschungsprojekt AIRCIS unter der Leitung der Björn Steiger Stiftung wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND bis Ende 2025 mit rund 2,2 Millionen Euro gefördert. AIRCIS wird exemplarisch in der Modellregion Lausitz in Kooperation mit der Integrierten Regionalleitstelle Ostsachsen (Hoyerswerda) erprobt und stärkt damit auch die Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Sachsen.
In dem Projekt AIRCIS arbeiten neben der Stadt Cottbus mit der Integrierten Regionalleitstelle Lausitz, folgende weitere Projektpartner zusammen:
- Brandenburgisches Institut für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS)
- Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) – Fachgebiet Ingenieumathematik und Numerik der Optimierung
- Moxi GmbH
- Björn Steiger Stiftung
- Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IAGB)